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Wirtschaft & Verbraucher

Lippstadt: Inklusion an der Bistrotheke

Hellen Jarosch arbeitet hinter der Bistrotheke im "Bioladen" an der Südstraße in Lippstadt. Fotos: LWL/Paul Metzdorf

Andreas Knapp, Geschäftsführer der "Integra" gGmbH, ist mit seinem Betrieb auf der LWL-Messe der Inklusionsunternehmen vertreten.

Die LWL-Messe der Inklusionsunternehmen bringt Unternehmen, Menschen mit und ohne Behinderung, Entscheider:innen sowie Interessierte zusammen.

 

Am heutigen Mittwoch, 15. März 2023, findet sie bereits zum fünften Mal statt. In diesem Jahr erstmals in der Messe Dortmund, mit mehr Platz für die rund 130 Ausstellenden und unter dem Motto "Inklusion entfaltet".

 

"Der Bioladen" aus Lippstadt ist eines der Inklusionsunternehmen auf der Messe und gehört zu insgesamt acht Inklusionsbetrieben der "Integra" gGmbH des Vereins INI.

 

In allen drei Betrieben arbeiten Menschen mit Handicap

Es herrscht entspannte Geschäftigkeit in dem hellen Verkaufsraum, vermengt mit dem Duft der Gemüselasagne, die es als Tagesgericht im Bistro zu essen gibt. Über dem Eingang hängt ein großes Schild "Der Bioladen". Er ist einer von drei Inklusionsbetrieben im Lebensmittelbereich der "Integra" gGmbH des Vereins INI.

 

Alle drei befinden sich in und um Lippstadt. Alle drei beschäftigen Menschen mit und ohne Behinderung. Und bei allen dreien fällt es fast nicht auf.

 

Die Vielfalt von Behinderung ist sichtbar

"Wir werden häufig gefragt, wo denn die Menschen mit Behinderung arbeiten würden", erzählt Andreas Knapp, der als Geschäftsführer des Inklusionsbetriebes insgesamt 155 Mitarbeiter:innen, davon 71 Personen mit einer Schwerbehinderung, beschäftigt.

 

Die gesellschaftliche Erfahrung beschränkt sich meist auf sichtbare Beeinträchtigungen wie beim Down-Syndrom oder bei Rollstuhlfahrern. Dabei sei die Bandbreite viel größer.

 

In den insgesamt acht Inklusionsbetrieben des als gemeinnützig anerkannten Vereins ist jede Form von Behinderung bei entsprechender Eignung zu finden - von physischer bis zur psychischen Beeinträchtigung.

 

"Es ist uns wichtig, dass auch in einem öffentlichen Laden, so wie hier, die Vielfalt von Behinderung und daher auch von Inklusion zu sehen ist", sagt Knapp.

 

Hellen Jarosch ist eine flexible Vollzeitkraft

Hinter der Bistrotheke arbeitet zum Beispiel Hellen Jarosch. Im Gespräch wirkt ihr Blick entschlossen, ihre Art herzlich. Vor ihrer Behinderung arbeitete sie selbstständig in der Gastronomie.

 

Danach sagten ihr viele, dass sie wohl nur noch an einem Fließband einen Job bekommen könnte. Als sie im März 2015 als Reinigungskraft bei "Der Bioladen" anfing, sah sie die Arbeit als große Chance und entwickelte sich nach und nach zur unverzichtbaren und flexiblen Vollzeitkraft als Verkäuferin.

 

Negative Erfahrungen mit den Kunden wegen ihrer Behinderung hatte sie entgegen der Vorhersagen noch keine.

 

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

"Möglich geworden ist diese Entwicklung durch ihren Lernwillen", so Henning Jahns, der Betriebsleiter der drei Läden. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

 

Für ihn ist Hellen Jarosch deshalb inzwischen eine verlässliche Größe bei der Schichtplanung. Und die ist gar nicht so einfach, denn Jahns muss hier regelmäßige Arzttermine oder Krankheitsfälle einplanen.

 

Bei einem Personalausfall ist außerdem nicht gesagt, dass alle Arbeiten von nur einer Person übernommen werden können. Eine universell einsetzbare Kraft wie Hellen Jarosch ist da Gold wert.

 

Die INI vermeldet zahlreiche Erfolgsgeschichten

Weitere Erfolgsfälle gibt es zuhauf: Zwei Mitarbeiter mit einer Autismus-Spektrum-Störung fühlen sich beispielsweise inzwischen so sicher und gut eingearbeitet, dass sie das Geschäft selbstständig morgens auf- oder abends abschließen können.

 

Während ihrer Ausbildung waren beide noch schwer zugänglich und introvertiert.

 

"Der Mehraufwand am Anfang zahlt sich auf lange Sicht aus - in der persönlichen Entwicklung der Mitarbeiter aber auch unternehmerisch. Die Mitarbeiter sind loyal, ehrlich und sehr verbunden mit dem Betrieb", so Jahns und Knapp.

 

Nicht jeder Mitarbeiter sucht den Kontakt zum Kunden

Gerade zu Beginn investieren die Verantwortlichen viel Zeit und Kraft, die neuen Beschäftigten anzulernen.

 

Viele Interessierte testen bereits in einem Praktikum, ob und wo sie sich in den INI-Inklusionsunternehmen zurechtfinden, denn nicht jeder möchte Kundenkontakt oder kann wie Hellen Jarosch im Bistro arbeiten.

 

Die ganz individuellen Fähigkeiten und auch Grenzen der Bewerberinnen bzw. Mitarbeiterinnen zu berücksichtigen, ist die philosophische Basis, auf die die Inklusionsunternehmen von INI aufbauen.

 

Passt die Zusammenarbeit, stimmt auch der wirtschaftliche Erfolg

Nur so kann die Zusammenarbeit passen und - das wird häufig vergessen - der wirtschaftliche Erfolg stimmen.

 

Denn in der Lebensmittelbranche sind die Margen gering und die Konkurrenz groß. Am Ende zählt die schwarze Null unter dem Bilanzstrich, so wie bei jedem anderen Unternehmen.

 

Jeder Betrieb kann Zuschüsse für seine Mitarbeiter beantragen

Das betont Knapp immer wieder und auch, dass ebenso jedes andere Unternehmen die Zuschüsse für die Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigung erhalten kann.

 

Unterstützung bietet hier das LWL-Inklusionsamt Arbeit. Die Vorstellung von zwei Arbeitsmärkten, die getrennt voneinander existieren, sei schlichtweg falsch, die Chancen und Herausforderungen für alle gleich.

 

Gesellschaftliche Vorreiterrolle als Inklusionsbetrieb

"Die gesellschaftliche Vorreiterrolle als Inklusionsbetrieb lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen", so Geschäftsführer Knapp. "Offen zu sein für alle und alles, kann auch heißen, neue Wege als Erster zu sehen und sie wirtschaftlich erschließen zu können."

 

So war man vor einigen Jahren beispielsweise der erste Anbieter eines sozial engagierten Mineralwasserherstellers in Lippstadt.

 

Gegenseitige Unterstützung mit anderen Partnern

Inzwischen haben auch andere Lebensmittelhändler und Gastro-Unternehmen die Marke im Sortiment. Zurzeit wird daran gearbeitet, möglichst plastikfrei zu werden.

 

Zum Beispiel über "Unverpackt-Lösungen" wie ein Gläserpfandsystem für Oliven oder Nudeln und Reis.

 

Man unterstützt sich aber auch gegenseitig.

 

Neben Produkten vom eigenen Hof (ebenfalls ein Inklusionsbetrieb) hat man bewusst auch Zulieferer für Lebensmittelgeschäfte gewählt, die als Inklusionsbetriebe ähnliche Prinzipien und Werte vertreten.


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